Buch des Monats im Dezember 2020

Annette, ein Heldinnenepos

Autorin/Autor:  Anne Weber
Einband: Gebundene Ausgabe
Erscheinungsdatum: 28.02.2020
Verlag: Matthes & Seitz
Seitenzahl: 208
Auflage: 11. Auflag

Vorgestellt von Marie-Luise Lindenlaub

Der diesjährige Deutsche Buchpreis ging an Anne Webers "Annette, ein Heldinnenepos". Ein Heldinnenepos? War nicht eine Idee hinter dem Deutschen Buchpreis, neben der Etablierung eines hochrangigen Literaturpreises für den deutschsprachigen Raum, auch jene, einen Roman auszuzeichnen, welcher Literatur einem breiten Publikum näherbringt? Kann das mit einem Heldinnenepos gelingen? Ich war sehr skeptisch und durfte mich - sehr deutlich - eines Besseren belehren lassen.

Anne Weber, die 1964 in Offenbach am Main geboren wurde und seit 1983 in Paris lebt, hat schon zahlreiche Geschichten und Romane auf Deutsch und Französisch veröffentlicht. In "Annette, ein Heldinnenepos" greift sie die Lebensgeschichte Anne Beaumanoirs auf. Anne, genannt Annette, wurde 1923 in der Bretagne geboren. Sie wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf und schon in jungen Jahren bekam sie Kontakt zu den Trotzkisten. Gemeinsam mit ihrer Mutter engagierte sie sich in einem Solidaritätskomitee und trat im Alter von 19 Jahren in die kommunistische Partei Frankreichs ein. Während des 2. Weltkrieges studierte sie Medizin und wurde Teil der Résistance. In dieser Zeit rettete sie zwei jüdischen Kindern das Leben, welche daraufhin längere Zeit von Annettes Eltern versteckt wurden. Ende der 50er Jahre setzte sich Annette für die nationale algerische Befreiungsfront ein, die gegen die Kolonialherrschaft Frankreichs kämpfte. Doch ihr Engagement hatte zur Folge, dass sie in Frankreich als Terroristin verurteilt wurde. Ihr gelang die Flucht aus ihrer Heimat über Italien nach Tunis, doch der Preis dafür war hoch: Sie musste ihre drei Kinder in Frankreich zurücklassen. Nach ihrer politisch aktiven Zeit in Tunis leitete sie bis zum Renteneintritt die Neurophysiologie einer Klinik in Genf.

Noch heute engagiert sich Anne Beaumanoir für Freiheit und Gerechtigkeit, erzählt in Schulklassen davon, was es bedeutet "widerständisch" zu sein und sich gegen Rassismus, Antisemitismus und Fanatismus einzusetzen.

Anne Weber nähert sich dieser französischen Freiheitsikone auf besondere Weise an. Sie kommt ihr nahe, ohne sie zu entblößen und zwar in einer eigenwilligen, aber auch sehr besonderen Sprache und literarischen Form. Das ist nicht nur ganz große Erzählkunst, sondern zugleich ein Denkmal zu Lebzeiten für Anne Beaumanoir. Ein starkes, sehr gut lesbares Buch über eine starke, eine mutige Frau.

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