Waldeckische Landeszeitung | 21.08.2019
VON ANETTE PRIES
Korbach - Auf großes Interesse stieß der Vortrag von Julia Boving in Korbach. Die Stadtbücherei war bis auf den letzten Platz gefüllt. Boving berichtete über ihre Arbeit an den Landestellen von geflüchteten Menschen in Griechenland. Sie verbrachte acht Monate überwiegend auf der Insel Chios und unterstützte den Verein "Offene Arme -Hoffnung für Chios". Die Veranstaltung war organisiert von der Stadtbücherei, dem Lesebändchen und dem Bürgerbündnis für ein tolerantes und weltoffenes Korbach mit Unterstützung des Netzwerks Toleranz.
Die Entfernung der Inseln, die der Türkei vorgelagert sind, zum griechischen Festland beträgt nur sieben Kilometer, doch durch die europäischen Verträge mit der Türkei geht es hier für geflüchteten Menschen nicht weiter. Bei Nacht und Nebel und mit Hilfe teurer Schlepper wagen aufgrund der schlechten Lebensverhältnisse in der Türkei trotzdem viele Menschen auf seeuntüchtigen Schlauchbooten die Überfahrt nach Griechenland.
Es kommen immer noch mehrere Tausend Flüchtlinge pro Monat auf den griechischen Inseln an. Ihre Hoffnung auf ein menschenwürdiges und sicheres Leben wird aber meist schnell zerstört. Das zeigen die Fotos von Boving. Die Ankommenden werden registriert und in Lagern untergebracht, in denen Versorgung und Ausstattung mangelhaft ist. Katastrophale hygienische Bedingungen, unzureichende Unterkünfte in Zahl und Ausstattung, sinkende Hilfsbereitschaft der anfangs engagierten Bevölkerung, verschärfen die Probleme.
Im Herbst 2015 war die Dringlichkeit der Flüchtlingssituation auch in Deutschland angekommen. Doch nicht nur auf Chios bleibt die Lage weiterhin akut. Die Drittlandregelung (Dublin II) macht eine Weiterreise in andere Länder für diese Menschen unmöglich. Sie müssen bis zu zwei Jahren in diesen Lagern leben und leiden, bis sie entweder in die Türkei rückgeführt oder in einem anderen Teil Griechenlands angesiedelt werden. Hilfsorganisationen versuchen das Elend zu lindern. "Offene Arme", mit der Boving zusammenarbeitet, kümmert sich um die Erstversorgung.
Sie hat den Zuhörer nochmals aufgerüttelt und ihn zum Nachdenken gebracht auch über sein eigenes Verhalten zu diesem Thema.